Am 13.10.16, in den Herbstferien, traten wir mit 17 Schülern und Schülerinnen die Fahrt an die Medizinische Hochschule Hannover an, zu einem besonderen Columbus-Kurs in Kompaktform. An diesem Tag hatten wir die Möglichkeit mit Prof. Berens von Rautenfeld einen Eindruck vom Medizinstudium zu bekommen und praktisch ähnlich zu arbeiten wie Studenten in ihren sogenannten Präp-Kursen. Die Idee zu diesem Kurs war während der Präparation von Schweine-Herzen im Biologie Unterricht entstanden. Um unseren Magen und unsere Nerven zu testen, schauten sich alle Interessierten zuvor eine Live-Präparation des Mediziners Gunther von Hagens an. Somit bestens gerüstet für das Abenteuer Live-Präparation an menschlichen, konservierten Körper trafen wir Prof. von Rautenfeld bestens gelaunt in seinen Keller-Laboren in Hannover. Genau wie man es sich vorstellt, mussten wir durch lange, dunkle und zugige, eiskalte Gänge in die Tiefen des Gebäudes absteigen. Mit Bildern und einem interessanten Einstiegsvortrag bereitete uns der Professor auf die praktischen Arbeiten vor. Er erzählte uns sehr anschaulich mit vielen Tier-Präparaten, Knochen und Plastinaten, streifte dabei durch die Evolution, die Tierphysiologie und Humanmedizin mit vielen Anekdoten und schier unendlichem Fachwissen. Mit, den Pathologen eigenen morbiden Humor beantwortete er alle Fragen, auch solche die nicht gestellt wurden, er aber für sehr wichtig hielt und sorgte dabei der Umgebung zum Trotz für viel Heiterkeit. Nachdem wir erfahren hatten, wie menschliche Körper in einer Monate dauernden Prozedur praktisch für immer konserviert werden können und wie viele, ja sogar zu viele, Körperspenden es gibt (Körperspender bezahlen sogar für ihre eigene Konservierung), zogen wir uns OP-Kittel an und erhielten zunächst an Leichenteilen eine sehr anschauliche Anatomie-Vorlesung. Manch einer war froh, zu sitzen, während der Professor ohne Scheu mit Beinen, Gehirnen, Unterarmen usw. hantierte und alle Details fast liebevoll erklärte. Wir erfuhren viel kurioses, wie, dass in den Lymphknoten Farbe aus Tattoos, aber auch Feinstaub gesammelt werden und diese daher im Lauf des Lebens immer schwärzer werden, man sogar daran Alter oder Wohnort abschätzen kann. Als Prof. von Rautenfeld die Lunge erklärte, fragte ein Schüler, wie viel der Mensch geraucht hätte, da sie sehr schwarz aussah, wie die Horrorbilder auf Zigaretten-Schachteln. Der Professor antwortete fröhlich: „Nein, der war kein Raucher, unser aller Lunge würde in etwa so aussehen, alles was man dort sieht, ist Ruß und Feinstaub, dem sich kein Mensch aus Industrienationen mehr entziehen kann. Dieser Mann war noch gar nicht so alt und hat nichts getan als zu atmen.“ Nach der Mittagspause ging es dann zum Finale, an einem ganzen Körper erklärte er uns die Fortpflanzungsorgane, wie man Alter und Geschlecht allein anhand von Nägeln bestimmt, die Sinnesorgane, die Muskeln, das Gefäßsystem und so vieles mehr, dass wir es unmöglich alles aufzählen können. An einer frisch konservierten Leiche durften wir dann selbst mit dem Skalpell erfahren wie fest Haut ist, und wie es sich für Chirurgen anfühlen muss, durch Muskeln und Fett zu schneiden. Während der geteilten Mittagspause führte der Professor uns außerdem in kleinen Gruppen durch die Anatomie-Ausstellung des Instituts, auch hier sehr viel Information zur Medizin-Geschichte, Krankheiten, Fehlbildungen, Tumoren usw. Der Professor selbst hat in 6 Stunden Kurs übrigens keine Minute Pause gemacht und nichts gegessen oder getrunken, als 2 Schlucke kalten Kaffee. So ging ein Tag zu Ende, den wir alle nicht so schnell vergessen werden. Zurück im Zug nach Lüneburg kam uns das Erlebte surreal vor, jeder hatte das Gefühl nach Formalin, Gummi und Alkohol zu riechen, alle waren sich aber einig, dass es sich gelohnt hat und man alle Eindrücke und den Berg Wissen erst einmal verdauen muss. Das Wichtigste zum Schluss, einige Eindrücke der Schüler: „Der Kurs war sehr informativ, man hat eine andere Sichtweise bekommen, als man die Bilder aus dem Bio-Buch kennt. Ich hätte gedacht, wir würden alles nur hinter Glaskästen sehen, aber so war es viel anschaulicher. (Daron) Ich war erst skeptisch, ob ich in der Lage bin Blut und Leichen zu sehen, aber diese tolle Erfahrung hat mich in dem Ziel bestätigt Ärztin zu werden. (Luise) Vielen Dank für diesen Tag, ich fand es extrem spannend und faszinierend und ich will immer noch und mehr Arzt werden. (Arik)“ Ich bedanke mich bei den Schülern für die Inspiration so etwas zu unternehmen, ihre Begeisterung sich in ihrer Freizeit mit Wissenschaft zu beschäftigen und dem positiven Eindruck, den sie mit ihrem Wissen und interessierten Fragen bei externen Dozenten hinterlassen. Auf den Fotos zum Ausflug sind aus Respekt nur die abgedeckten Präparate zu sehen.
Katrin Studtmann